Kultur durch erstklassige Kekse

By the end of November ‘Oxmas’ (as the short window for Christmas in the Oxford University term is often referred to) was already well underway, and I found myself frequenting the German Christmas stalls in Broad Street for mulled cider an unhealthy number of times.  In this festive spirit, on 30 November 2016 a group of Oxford German Network Ambassadors travelled to Oxford High School to give the students a sample of German Christmas tradition. The event brought together students in years 7-9 from St Edward’s School, St Bartholomew’s, Chipping Norton School, Cheney School, John Mason, Oxford Spires Academy and Oxford High, who generously hosted this year’s event.

An impressive 63 students came with their contributions to the Weihnachtsplätzchenbackwettbewerb, an annual Christmas baking competition organised by the OGN. Over the course of the evening, OGN judges from the German sub-faculty of the university tasted – and immensely enjoyed – every Plätzchen variety, and then faced the challenging task of awarding separate prizes for originality, taste, and appearance to the best entries. Originality was a particularly interesting category, since among the contributions were a sleigh carved out of dough, an entire gingerbread church (complete with a vicar and his wife!), and biscuits designed specifically as a vegan alternative!

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‘O Tannenbaum, o Tannenbaum, du kannst mir sehr gefallen!’

While awaiting the results of the baking competition, the students made ornaments for the OGN Christmas tree, many of which showcased their knowledge of German words and phrases, such as “Weihnachstgeschenke,” “Schneeflocke,” and “Deutsch ist prima.” As you can imagine, it ended in an arts-and-crafts flurry of creativity, paper and pipe-cleaners everywhere, but all in good jest.

Students then formed small teams and took part in a multiple choice quiz about Christmas in Germany – natürlich – containing questions about Christmas markets, St. Nicholas’s Day, and typical German food and drink, all with German Christmas carols playing in the background – auch natürlich. After learning more about Germany’s prominent Christmas traditions, the long-awaited prize ceremony finally arrived, which honoured several Plätzchen winners, along with the pupil who made the most creative Christmas ornament, and the group that earned the highest score on the quiz. The winners were presented with chocolate Santas, or Schokonikoläuse, which are a popular Christmas treat in Germany. But, of course, all participants were allowed to indulge in sweets, since each pupil contributed to the event very positively and enthusiastically. A few of the evening’s highlights are captured in the photos you see here.

We are very thankful that the Christmas baking competition has enjoyed such success in past years, and that it is becoming increasingly popular among local schools. As in previous years, local primary school “Phil and Jim’s” enthusiastically participated in the spirit of the event, holding their own competition for Year 6 German learners, who designed, made and decorated biscuits and undertook some vocabulary-learning challenges in school and at home.

A big thank you goes out to Oxford High School for agreeing to hold the event, and to all staff members and pupils for participating – and for continuing to share their interest in German language and culture with the Oxford German Network!

Frohes neues Jahr!

Helena Ord and Charles Britton, OGN Student Ambassadors

Erich Kästners Berlin

In her final post on literary images of Berlin, Jana Maria Weiss introduces us to the German capital seen through the eyes of the writer, Erich Kästner, who is particularly well known for his children’s stories (e.g. Emil and the Detectives; Emil and the Flying Classroom).

„Es scheint doch, dass ich wirklich nach Berlin gehöre, wie?“

So schrieb Erich Kästner (1899-1974) wenige Monate nach seinem Umzug in die Hauptstadt an die Mutter nach Dresden. Nachdem der gebürtige Sachse mehrere Jahre in Leipzig gelebt, studiert und gearbeitet hatte, verlor er 1927 seine Anstellung bei der Neuen Leipziger Zeitung. Fortan musste er sich als freier Journalist durchschlagen. Doch was zunächst wie ein Unglück aussah, entpuppt sich bald als große Chance: Kästner siedelt nach Berlin über und beginnt seine Texte – zunächst Theaterkritiken später auch Gedichte – an diverse namhafte Zeitungen zu verkaufen. Er versteht es, sich zu vermarkten – stets mit dem selbsterklärten Ziel vor Augen: Wenn ich 30 Jahre bin, will ich, daß man meinen Namen kennt. Bis 35 will ich anerkannt sein. Bis 40 sogar ein bißchen berühmt.

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Erich Kästner in 1961

Es sollte ihm gelingen. Seine Zeitungs-Gedichte, für die er selbst den Begriff der „Gebrauchslyrik“ prägt,  treffen den Nerv der Zeit. In sachlich klarer Sprache beschreibt er mit einfühlsamem Blick den Alltag der kleinen Leute in der Großstadt. Dienstmädchen, Werksarbeitern und Sekretärinnen widmet er seine dichterische Aufmerksamkeit:

Der Mann, von dem im weiteren Verlauf
die Rede ist, hieß Schmidt (Kurt Schm., komplett).
Er stand, nur sonntags nicht, früh 6 Uhr auf
und ging allabendlich Punkt 8 zu Bett.

10 Stunden lag er stumm und ohne Blick.
4 Stunden brauchte er für Fahrt und Essen.
9 Stunden stand er in der Glasfabrik.
1 Stündchen blieb für höhere Interessen.

Sein erster Gedichtband Herz auf Taille (1928) wird zum Bestseller. Und auch im für ihn damals noch neuen Genre der Kinderliteratur erobert er mit seinem Roman Emil und die Detektive (1929) im Fluge die Herzen kleiner und großer Leser. Mit Emil, Pony Hütchen und Gustav mit der Hupe, die in Berlin auf Verbrecherjagd gehen, hat Kästner sich tief ins literarische Gedächtnis der Stadt eingeschrieben: Ausgehend vom Bahnhof Zoo, wo Emil den Zug verlässt, um den Dieb Grundeis zu verfolgen, schlängeln sich die Wege der kleinen Detektive durch ganz Berlin. Die Kinder ermitteln im aufregenden Gewusel der Großstadt, deren hektisches Treiben für sie zum Abenteuer wird: Das ist ja wie im Kino!, ruft Gustav mit der Hupe begeistert.

Was die Kinder an der Metropole fasziniert, wirkt auf Kästners erwachsene Figuren hingegen oft bedrohlich. Sie sind von den vielen Eindrücken überfordert und fühlen sich in der Großstadt verloren:

Sie wissen vor Staunen nicht aus und nicht ein.
Sie stehen und wundern sich bloß.
Die Bahnen rasseln. Die Autos schrein.
Sie möchten am liebsten zu Hause sein.
Und finden Berlin zu groß.

Es klingt, als ob die Großstadt stöhnt,
weil irgendwer sie schilt.
Die Häuser funkeln. Die U-Bahn dröhnt.
Sie sind das alles so gar nicht gewöhnt.
Und finden Berlin zu wild.

Kein Wunder! Denn das Berlin der 20er und 30er Jahre gleicht in vieler Hinsicht einem hektischen Rummel: Theater, Kabaretts, Bierpaläste und Musiklokale sind an allen Ecken zu finden. Genusssucht und Freizügigkeit bestimmen das Berliner Leben. Fabian, der Protagonist in Kästners gleichnamigem Roman, veranlasst dies zur Diagnose: Sittenverfall. Sein Blick auf die Großstadt ist in jeder Hinsicht negativ, dystopisch:

Soweit diese riesige Stadt aus Stein besteht, ist sie fast noch wie einst. Hinsichtlich der Bewohner gleicht sie längst einem Irrenhaus. Im Osten residiert das Verbrechen, im Zentrum die Gaunerei, im Norden das Elend, im Westen die Unzucht und in allen Himmelsrichtungen wohnt der Untergang.

In diesem Berlin fühlt sich Fabian, der Moralist – wie Kästner ihn nennt – völlig verloren. Oft fährt er ziellos durch die Stadt, verirrt sich, wandelt einsam durch Straßen und Gassen:

Er hatte keine Ahnung, wo er sich befand. Wenn man am Wittenbergplatz auf den Autobus 1 kletterte, an der Potsdamer Brücke in eine Straßenbahn umsteigt, ohne deren Nummer zu lesen, und zwanzig Minuten später den Wagen verläßt, weil plötzlich eine Frau drinsitzt, die Friedrich dem Großen ähnelt, kann man wirklich nicht wissen, wo man ist.

Doch das Verhältnis des Protagonisten zur Großstadt ist gespalten. Fabian erscheint als Stadtneurotiker à la Woody Allen: Die Metropole ist ihm verhasst und doch kann er nicht ohne sie. Die Flucht vor dem großstädtischen Leben zurück in die heimatliche Provinz ist sein Ende. Beim Versuch, dort einen Mann vor dem Ertrinken zu retten, kommt der Nichtschwimmer Fabian ums Leben.

Auch Erich Kästners selbst ist zwischen seiner Liebe zu Berlin und der Sehnsucht nach seiner Heimatstadt Dresden hin- und hergerissen. In der Hauptstadt feiert er große berufliche Erfolge, hat immer wieder neue Liebesbeziehungen und führt ein aufregendes Literatenleben. Dennoch verspürt er großes Heimweh, besonders nach seiner Mutter, zu der er zeitlebens eine äußerst enge Bindung hatte. Kästner schreibt ihr täglich und schickt noch während der Wirren des zweiten Weltkrieges seine Wäsche zum Waschen nach Hause.

Sein enges Verhältnis zur Mutter mag auch ein Grund dafür gewesen sein, dass Kästner – anders als die meisten seiner regimekritischen Dichterkollegen – nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 nicht emigriert. Den Entschluss, in Berlin zu bleiben, begründet er mit seiner schriftstellerischen Verantwortung, als Chronist vor Ort die Ereignisse zu dokumentieren zu wollen. Als Einziger aller betroffenen Autoren wohnt er am 10. Mai 1933 auf dem Berliner Opernplatz der Bücherverbrennung bei. Die schriftlichen Aufzeichnungen über dieses schreckliche Ereignis, enthalten die wohl nihilistischste Berlinbeschreibung im Werk Erich Kästners: Begräbniswetter hing über der Stadt.

Im Jahre 1945 verließ Erich Kästner das umkämpfte Berlin und lebte schließlich in München, wo er im Sommer 1974 nach schwerer Krankheit starb.

Jana Maria Weiss, OGN Ambassador

Rahel Varnhagens Berlin

We’re back from our Christmas break, and Jana Maria Weiss continues our series of posts on literary images of Berlin with an exploration of the work of Rahel Varnhagen, a German-Jewish writer in the eighteenth century who also hosted one of the most celebrated literary salons of her day.

Manchmal träumt Rahel davon eine richtige Schriftstellerin zu sein. Sie weiß, dass sie das Zeug dazu hätte, und wird es doch nie werden:

Der größte Künstler, Philosoph oder Dichter ist nicht über mir. Wir sind vom selben Element . . . mir aber ward das Leben angewiesen.

Sie wird keine Gedichte, Romane oder Dramen schreiben – und doch ein literarisches Erbe hinterlassen, das von großer poetischer Kraft ist. In unzähligen Briefen, Reiseberichten und Tagebucheinträgen verarbeitet sie ihr Leben lang schreibend ihre Erfahrungen. Es entsteht ein Textgeflecht, das nicht nur Rahels Biografie dokumentiert, sondern ein lebhaftes Bild ihrer Zeit entwirft.

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Rahel Varnhagen von Ense (1817) – a portrait after Moritz Michael Daffinger

Ihre Zeit – das ist die Epoche der Romantik um 1800 in Berlin. 1771 wird Rahel Varnhagen (1771 – 1833), die damals noch Levin heißt, als Tochter eines wohlhabenden Berliner Bankiers geboren. Man lebt in der Jägerstraße am Gendarmenmarkt, einer der prächtigsten Gegenden der Stadt. Trotz ihrer hervorgehobenen Position im Wirtschaftsleben sind die Levins als jüdische Familie gesellschaftliche Außenseiter. Ihr Leben lang leidet Rahel darunter. Sie kämpft um Anerkennung und versucht sich anzupassen. Ganz gelingt ihr das nie. Dass Rahel trotzdem ein großes Selbstbewusstsein entwickelt, hat sie vor allem dem Lesen zu verdanken. Autodidaktisch macht sie sich mit der großen Weltliteratur vertraut, liest Shakespeare, Dante, Lessing und Goethe. Das umfangreiche Wissen, das sie sich auf diese Weise aneignet, gepaart mit ihrem geistreichen Humor, macht aus ihr die charmante Intellektuelle, die später von so Vielen bewundert wird.

Kaum eine andere Frau wird eine derartige Palette an Komplimenten großer Dichter aufweisen können: Heinrich Heine nennt sie die „geistreichste Frau des Universums“, Franz Grillparzer bekennt, nie in seinem Leben jemanden „interessanter und besser reden gehört“ zu haben und der von Rahel innig verehrte Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe verdichtet sein weit ausholendes positives Urteil über sie in den Worten: „sie ist, was ich eine schöne Seele nennen möchte.“

Doch wie gelingt es der jungen Rahel solche Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen? Eine Schönheit ist sie nicht, doch verfügt sie über die Gabe, Menschen zusammenzuführen und zu unterhalten. Sie ist ein wahres Geselligkeitsgenie und weiß es auch. So schreibt sie in einem ihrer Briefe an Clemens Brentano:

Ich liebe unendlich Gesellschaft und bin ganz überzeugt, daß ich dazu gebohren, von der Natur bestimmt und ausgerüstet bin.

Wie viele andere jüdische Frauen gründet Rahel, ihrer gesellschaftlichen Außenseiterrolle zum Trotz, schlichtweg ihre eigene Gesellschaft: Sie eröffnet einen Salon. Im Dachstubenzimmer der Jägerstraße 54 trifft man sich fortan in geselliger Runde, um über Kunst und Literatur zu sprechen. Bei Tee und Gebäck wird diskutiert, philosophiert und Musik gemacht. Die jüdischen Berliner Salons avancieren zu einem Kult, der Intellektuelle aus ganz Deutschland in die preußische Hauptstadt zieht. Als Salon mit der größten Anziehungskraft gilt bald der von Rahel Levin. Größen des Berliner Lebens, von den Humboldt-Brüdern über romantische Dichter wie Tieck und Schlegel bis hin zum preußischen Adel, gehen in der Jägerstraße ein und aus.

Man suchte sie gern auf, nicht bloß, weil sie von sehr liebenswürdigem Charakter war, sondern weil man fast mit Gewißheit darauf rechnen konnte, nie von ihr zu gehen, ohne nicht etwas von ihr gehört zu haben und mit hinwegzunehmen, das Stoff zu weiterem ernsten, oft tiefen Nachdenken gab oder das Gefühl lebendig anregte.

So schreibt Wilhelm von Humboldt 1834 über Rahel. Doch ein Teil der populären Gesellschaftsdame fühlt sich immer noch einsam. Aufgrund von Rahels jüdischer Herkunft scheitern mehrere Verlobungen. Erst im Alter von 43 Jahren wird sie den Diplomaten Karl August Varnhagen von Ense heiraten. Ihre vorigen Affären und gescheiterten Beziehungen veranlassen die Berliner Gesellschaft zu bösem Gerede.

Oft unternimmt Rahel allein ausgedehnte Spaziergänge durch Berlin. Sie beobachtet das städtische Treiben und lässt dabei ihre Gedanken schweifen. Was sie wahrnimmt und wie sie sich fühlt beschreibt sie in Tagebucheinträgen und Briefen. So an ihren Freund Alexander von der Marwitz:

Wollte allein umherlaufen; mir war sehr unwohl im Gehirn. (…) Ich ging am Schiffbauerdamm und Weidendamm, kurz an allen großen Plätzen der Stadt umher und dachte an Sie.

Ganz im Sinne der Romantik widmet Rahel sich bei ihren Spaziergängen besonders der Naturbeobachtung. Genau beschreibt sie die jahreszeitlichen Veränderungen in der Stadt:

Hundertfälliges Grün, geputzte Blüten, alles empfängt Sie und weht Ihnen Juni-Gedanken an, das tut der Mai, leichtere Schatten präsentieren sich schon . . . die Stadt riecht nach Bäumen wie ein Wald.

Die sinnliche Erfahrung der Natur wird dabei eng mit der Erfahrung des Ichs, den eigenen Stimmungen und Gefühlen, verbunden:

Ich habe mir jetzt angewöhnt abends nach dem Tiergarten zu Marcus zu gehen (…) Der Wald ist göttlich! – wunderbar schön. So dünkt mich hatten sich Laub, Zweige, Blätter Scheine und Farben nie. Alles so zauberartig! Und wahrhaftig, ich befinde mich doch nicht so prächtig.

Zeitlebens begleitet Rahel eine innere Schwermut, die so gar nicht zu ihrem charmanten und selbstsicheren Auftreten als Salondame zu passen scheint. Doch vielleicht ist gerade das Geselligsein, der rege Austausch mit Anderen, den sie stets pflegt, ihr Mittel, gegen das Gefühl innerer Leere anzukämpfen. Rahel ist immer auf der Suche nach Selbsterfahrung: im Gespräch mit intellektuellen Größen, beim Flanieren durch das sich stets verändernde Berlin und nicht zuletzt beim Schreiben.

Rund 10 000 Briefe umfasst ihr literarisches Werk. Es ist das geworden, was Rahel Varnhagen selbst prophezeit hat: eine Original-Geschichte und poetisch – darüber hinaus ein wunderbares Porträt der Stadt Berlin.

Jana Maria Weiss, OGN Ambassador